In diesem Artikel will ich darauf eingehen, wie Du bereits mit Hilfe deiner Gedanken deine Überlebenschancen im Notfall deutlich erhöhen kannst. Ausrüstung, Proviant, Notfallpläne usw. sind sinnvoll und wichtig, aber werden Dir nicht helfen, wenn es an den richtigen Gedanken und am Willen fehlt.
Der Wille zum Überleben ist mehr wert als das beste Überlebensmesser. Gerade beim Eintreten einer größeren Katastrophe, wie z.B. dem Brand in einem Einkaufszentrum herrscht oft Verwirrung unter den Betroffenen, was statt zu den notwendigen Handlungen regelmäßig zur „Lähmung“ der Gefährdeten führt. Dem Überlebenspsychologen John Leach von der britischen Lancaster University zufolge lassen sich die Betroffenen in drei Gruppen unterteilen: Nur rund 10 – 15 % der Personen bewahren in einem Katastrophenfall die Ruhe, um dann die notwendigen Schritte zu ihrer Rettung zu ergreifen. Die Große Mehrheit von 80 % verhält sich angesichts der Katastrophe hingegen passiv und wie gelähmt. Lediglich 10 – 15 % der Betroffenen reagieren panisch-hysterisch, wie wir es von manch einem Katastrophenfilm her kennen. Um nicht zu den rund 90 % der falsch und ggf. lebensbedrohlich Handelnden zu gehören, solltest Du folgende einfache Schritte beherzigen.
Wenn es die Zeit zulässt, dann atme ruhig und tief durch uns überlege, was als nächstes zu tun ist. Bei langandauernden Krisen solltest du dich systematisch an den kleinen Problemen entlang arbeiten und nicht das große unter Umständen zunächst entmutigende Ganze ins Auge fassen. So fällt es dir leichter aktiv zu werden, wenn die Gesamtlage schwierig erscheint, und man nicht weiß wo man anfangen soll. Die bedrohliche Lähmung hat so weniger Chancen um sich zu greifen und Deinen Lebenswillen zu schwächen.
Wichtig ist, auch wenn es im Ernstfall dem ein oder anderen schwer fallen mag, eine positive Grundeinstellung zu bewahren. Es ist alles eine Frage der Perspektive. In schlimmen Fällen ist es bereits positiv, dass man zu den noch Lebenden zählt. Und bedenke: Verzweiflung, Angst oder Ärger haben noch keine Situation besser gemacht. Diese innere Grundeinstellung kann im Ernstfall über Leben und Tod entscheiden. Letztlich ist das alles leicht gesagt, aber was kann man wirklich selber im Voraus tun, um seine Situation zu verbessern ?
Was kannst Du tun?
Du kannst deine innere Einstellung bereits im Alltag gut üben. Regen und Kälte an der Haltestelle musst Du z.B. nicht als Ärgernis betrachten, sondern kannst das ganze als eine Möglichkeit auffassen um Dich abzuhärten, und so in einem wirklichen Extremfall widerstandsfähiger zu sein. Einen Wechsel der Sichtweise kannst Du bei jeglichen Problemen einüben. Es ist alles eine Frage der Perspektive.
Abhärtung durch körperliches Training oder längere Touren in der Natur sind eine große Hilfe. Durch das regelmäßige Ausloten der eigenen Belastungsgrenzen werden diese zugleich weiter verschoben. Hinzu kommt der positive Aspekt, dass Du lernst dich selber zum weitermachen zu zwingen auch wenn Du eigentlich meinst, nicht mehr zu können.
Durch mentales Training kannst du dich im Geiste auf Notsituationen vorbereiten, indem du den möglichen Ablauf durchspielst. Dies kannst du in ganz alltäglichen Situationen anwenden. Ein einfaches Beispiel wäre ein Autounfall mit Verletzten als Folge. Wüsstest du, was zu tun ist? Und in welcher Reihenfolge? Könntest du die Verletzten behelfsmäßig versorgen, schnell ärztliche Hilfe holen und die Lage per Telefon angemessen beschreiben sowie den Unfallort absichern? Um dieses Gedankenspiel zu verschärfen, stell dir nun vor es handelt es sich bei den Verletzten um enge Familienangehörige oder Freunde. Eine solche mentale Übung wird dir zu Beginn vielleicht zeigen, wie erschreckend unvorbereitet du in vielen Fällen wärst. Es zeigt dir aber auch, woran du noch arbeiten musst, welche Abläufe du einüben, welche Fähigkeiten du erlernen und welche Ausrüstung du mit dir führen solltest.
Bring Routine in deine vorbereiteten Abläufe und Pläne. Wenn du einen Fluchtplan hast oder dir einen Plan zurechtgelegt hast, wie du bei einem längerfristigen Stromausfall vorgehen willst, so reicht das nicht. Entscheidend ist, dass solche Pläne nicht nur theoretisch durchgegangen werden – was gut ist, aber eben nicht alles – sondern das sie auch in der Praxis erprobt werden. So gewinnst Du die notwendige Sicherheit, welche dir die geistige Klarheit geben wird, wenn es darauf ankommt. Gleiches gilt für wichtiges Überlebens-Werkzeug, dass am Mann getragen wird, wie dein EDC. Auch hiermit solltest du üben, um Routine aufzubauen. Wer die Ruhe bewahrt, zielbewusst und schnell handelt statt in Passivität zu verfallen, der erhöht seine Aussicht zu überleben bereits deutlich. Die eigene innere Einstellung ist dabei der wichtige Schlüssel.
Nützliche Informationen:
Bereits 2005 erschien eine Neuauflage von Laurence Gonzales Buch „Deep Survival“, dass sich ausführlich und auf wissenschaftlicher Grundlage mit dem Thema beschäftigt. Einziges Manko: das Buch ist bislang nur in englischer Sprache erhältlich.
Älteren Semesters ist die „Psychologie des Überlebens“ von Röder und Minich. Das 1987 im Pietsch Verlag erschienene Buch behandelt in einem ersten Teil die psychologischen Aspekte des Überlebens, um dann im zweiten Teil verstärkt auf konkrete Handlungen einzugehen. Sehr empfehlenswert.
Im Jahr 2009 erschienen gleich zwei Bücher auf dem deutschen Markt, die sich dem Thema annehmen. Zum einen Ben Sherwoods „Wer überlebt? Warum manche Menschen in Grenzsituationen überleben, andere nicht“ und zum anderen Amanda Ripleys „Survive. Katastrophen – wer sie überlebt und warum“
Eine interessante Dokumentation zum Thema findet sich bei „Ray Mears‘ Extreme Survival – Series 1“. In der dritten Folge dieser ersten Staffel geht es um „The Psychology of Survival“ , die anhand des realen Schiffsunglücks einer Familie dargestellt wird. Die DVD-Version gibt es meines Wissens nach nur in englischer Sprache. Eine deutsche Synchronisation wurde allerdings im TV gesendet.
Foto: Think Positive by Flickr User – wadem
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